Praxis Fußballer-Portrait Ausherzspiel - auf der Suche nach cinematischer Stimmung mit kleinen Mitteln

Fußballer-Portrait Ausherzspiel - auf der Suche nach cinematischer Stimmung mit kleinen Mitteln

Die YouTube-Doku Ausherzspiel begleitet den gebürtigen Stuttgarter Odysseas Vlachodimos, Stammtorhüter bei Benfica Lissabon, durch seinen Alltag - wir haben Yannick Galaske zum Dreh befragt (verwendet wurde die BMPCC 6K/Pro) und natürlich auch, wie man einen Profi-Fußballer wie "Ody" überhaupt vor die Linse bekommt.

// 17:46 Do, 28. Jul 2022von

Ausherzspiel nennt sich eine YouTube-Reihe von Dokumentationen aus dem Profi-Fußballumfeld. In den sehr sympathischen Videos wird jeweils ein (Ex-)Spieler oder Trainer portraitiert – für ihren aktuellen Clip durften die Jungs von 5moreminutes den gebürtigen Stuttgarter Odysseas Vlachodimos, Griechischer Nationaltorwart und Stammtorhüter bei Benfica Lissabon, 5 Tage lang durch seinen Alltag in der portugiesischen Hauptstadt begleiten.



Die zurückhaltende, aber anspruchsvolle Kamera und sparsam eingesetzte Musik lassen dem Protagonisten viel Raum und laden zum Beobachten und Zuhören ein. Wir wollten ein bißchen mehr über die Entstehung des Clips wissen und haben Yannick Galaske zur Herangehensweise beim Drehen gefragt, welche Kameras er verwendet (Pocket Cinema Camera 6K / Pro), wie der Schnitt abläuft und nicht zuletzt, wie man einen Profi-Fußballer wie "Ody" vor die Linse bekommt.







Im Moment sein - improvisierte Drehs

Yannick, wie bist du zum Filmen gekommen?



Im Jahr 2020 fingen mein bester Freund Felix und ich an, 30-minütige Dokumentarfilme zu produzieren - wir wollten inspirierende Geschichten erzählen über Themen, für die wir uns selbst interessierten. Da wir beide große Fußballfans sind, war es naheliegend für uns, diesen Bereich zu wählen.


Fußballer-Portrait Ausherzspiel - auf der Suche nach cinematischer Stimmung mit kleinen Mitteln : yannick bmpcc

Während wir erste Erfahrungen mit der Dokumentarfilmarbeit machten, merkten wir beide, dass wir diese Arbeit lieben, was uns schließlich dazu brachte, unsere Jobs zu kündigen und Anfang 2022 unsere eigene Produktionsfirma namens 5moreminutes zu gründen. Ich kümmere mich um die Kameraführung und den Schnitt, Felix um die Organisation. Neben Doku-Formaten produzieren wir auch Werbe- und Imagefilme, um das Geschäft am Laufen zu halten. Unser Schwerpunkt und unsere Leidenschaft liegt jedoch darin, authentische Geschichten über Menschen zu erzählen, die ihre Träume verfolgen.



Also eine Art "Learning by Doing"?



Ja, diese Dokumentarfilme waren für mich eine gute Möglichkeit, meine Kameraführung, Beleuchtung und Erzählweise zu verbessern.



Man kann über Netflix und Co. sagen, was man will. Was ich aber sehr schätze, sind die zahllosen gut gemachten Doku-Formate auf Netflix, die in Kinoqualität daherkommen. Früher war ich nur die typisch "deutsche" Art von Dokumentarfilmen gewohnt, und die sind oft sehr altmodisch – das Grading und die Lichtstimmung sehr einfach, ohne jede Atmosphäre. Ich möchte dagegen eine cinematische Stimmung mit unseren kleinen Filmen transportieren.





Wir stehen ja noch am Anfang und müssen oft Kompromisse eingehen, aber ich hoffe, dass wir das Niveau unserer Produktion und unseres Erzählens weiter steigern können und es hoffentlich eines Tages auf die große Leinwand schaffen, damit mehr Menschen unsere Arbeit sehen und wahrnehmen können. Das ist mein Traum.



Wie kam es zu dem Video mit Ody?



Der Doku-Clip mit Ody ist Teil unseres Projekts "Ausherzspiel", das interessante und authentische Persönlichkeiten aus der Fußballwelt in den Mittelpunkt stellt. Ody ist dabei unser erster, aktiver Sportler als Protagonist. Zuvor hatten wir nur Gelegenheit, mit zwei Ex-Spielern und einem ehemaligen Fußballtrainer zu arbeiten. Als absolute Nobodys in der Branche war es ziemlich schwer, die Aufmerksamkeit ehemaliger oder aktiver Profis zu bekommen. Ich bin nicht gut im Reden, also hat Felix alle Agenturen und mögliche Protagonisten selbst kontaktiert, bis einer nach dem anderen bereit war, an unserem Format teilzunehmen.



Die ersten Folgen haben eine ganz passable Zuschauerzahl erreicht. Die Leute wurden auf uns aufmerksam und nahmen uns ernster, und so kamen wir in Kontakt mit Ody, was ein großes Ding für uns war. Wir haben telefoniert, und etwa zwei Wochen später haben wir ihn fünf Tage lang in Portugal besucht. Felix und ich wurden dabei von unserem Freund Deniz unterstützt, der Ody interviewt hat.


Fußballer-Portrait Ausherzspiel - auf der Suche nach cinematischer Stimmung mit kleinen Mitteln : interview ody


Inwieweit hattet ihr mit so einem Profi als Protagonisten denn inhaltlich freie Hand? Wurde eine Art „Imagekontrolle“ seitens Benfica ausgeübt?



Bevor wir mit Ody drehen durften, brauchten wir natürlich das Einverständnis des Vereins. Da Ody mega Bock auf das Projekt hatte, ist er selber proaktiv auf den Verein zugegangen und hat den Kontakt für uns hergestellt. Wir haben Benfica dann kurz geschildert, was wir vorhaben, welche Themenpunkte wir bespielen möchten und wo uns der Support vom Verein helfen kann. Benfica war superangetan von dem Konzept und hat daraufhin selber noch Vorschläge für Inhalt und Locations zum Drehen gemacht. Die Unterstützung von Seiten des Vereins war echt unglaublich. Egal welch wilden Vorschlag wir hatten, Benfica hat alles dafür getan, dass er uns ermöglicht wird...



Wir waren ehrlicherweise überrascht, wie wenig vom Verein regelmentiert wurde. Bis auf eine kleine inhaltliche Korrektur gab es keine Änderungswünsche vom Verein bezüglich der Veröffentlichung.


Filmstill / Ausherzspiel
Filmstill / Ausherzspiel


Was sind die kreativen und technischen Herausforderungen bei diesen Clips?



Da wir nur ein Team von zwei Personen sind, müssen wir oft minimalistisch und improvisiert vorgehen. Wir packen nur wenig ein und haben nicht viel Ausrüstung dabei (wir haben sowieso nicht viel, haha). Trotzdem wollen wir, dass unsere Arbeit einen professionellen Look hat. Am Anfang war das eine echte Herausforderung.



Ich habe beispielsweise Interviews oft mit nur einem oder zwei Lichtern ausgeleuchtet, oder sogar ganz ohne Licht gearbeitet. Eine 30-minütige Dokumentation habe ich mal mit nur einer einzigen Brennweite gedreht. Ich hatte auch nur einen 1,5 ND 4x5,6 in der Matte Box, weil wir uns damals keine andere Stärke leisten konnten und ich nicht mit aufschraubbaren ND-Filtern herumfummeln wollte. - Technische Einschränkungen wie diese zu meistern hat mich letztlich zu einem deutlich besseren und entspannteren Kameramann gemacht.





In kreativer Hinsicht haben wir meist keine strikte Shot-Liste, an die wir uns halten, sondern wir arbeiten mit dem, was wir vorfinden oder was uns während des Drehs einfällt. Natürlich haben wir eine bestimmte Richtung im Kopf, in die wir mit unserer Geschichte gehen wollen, aber die ist meist nicht schriftlich ausformuliert. Denn als wir damals anfingen, haben wir ziemlich schnell gemerkt, dass egal wie genau wir etwas planen, immer etwas nicht so läuft, wie wir es wollen. Deshalb stellen wir uns auf einen "Run and Gun"-Stil ein, vor allem wenn wir dokumentarisch drehen, und lassen die Situationen sich vor uns entfalten. Auf diese Weise sind wir nicht eingeschränkt und immer offen für neue Ideen, die wir vor Ort bekommen. Das trägt auch zur Authentizität der Clips bei.


Filmstill / Ausherzspiel
Filmstill / Ausherzspiel


Wie ist eure erzählerische Herangehensweise?



Unsere Dokus sollen so unverfälscht wie möglich sein. Wir versuchen, die Momente vor der Kamera natürlich entstehen zu lassen und ihnen Raum zum Atmen zu geben - keine Musik, keine Schnitte, manchmal keine Fragen.



Wir sind einfach im Moment mit dem Protagonisten und erleben das Leben so, wie er es tut. Diese Momente können ganz unterschiedlich sein: der Gang zum Fußballplatz und das Anziehen der Fußballschuhe für das Training, Rituale vor dem Spiel, wenn z. B. der Torwart seine Handschuhe für das große Spiel am nächsten Tag vorbereitet, oder ganz alltägliche Dinge wie Yoga auf der Terrasse oder einfach nur Motorradfahren oder Zeit mit der Familie verbringen.



Wir möchten, dass die Zuschauer die gleiche Leidenschaft empfinden wie unser Protagonist und von ihr eingenommen werden. Im Idealfall verblasst so viel von der Welt um sie herum und die Zeit vergeht so unbemerkt, dass sie sich sagen müssen, "nur noch fünf Minuten". So sind wir auf den Namen unserer Produktionsfirma gekommen. Und das ist auch der Grund, warum wir immer noch an lange Formate glauben, selbst auf Plattformen wie YouTube.




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